Fledermäuse im Wermsdorfer Wald


Fledermausfauna im Wermsdorfer Wald

Vor Projektbeginn gab es für das größte zusammenhängende Waldgebiet im Forstbezirk Leipzig nur wenige Daten zu Fledermausvorkommen. Es war nicht sicher bekannt, ob und wenn ja wo Wochenstuben besonders sensibler Waldfledermausarten im Wermsdorfer Wald leben. Angesichts der Größe und Biotopausstattung waren solche Vorkommen aber sehr wahrscheinlich. Aus fledermauskundlichem Interesse heraus, vor allem aber wegen der hohen Bedeutung konkreter Informationen als Basis zielgerichteter Schutzmaßnahmen hat hochfrequent im Jahr 2019 gemeinsam mit Sachsenforst und dem Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (LfULG) ein Projekt zur Schließung der Kenntnislücken und zur Etablierung eines längerfristig angelegten Monitorings initiiert.

altbaumreicher, mehrschichtiger Laubwald der Naturwaldzelle im NSG „An der Klosterwiese“

 

Beschteinfledermaus

Nach nunmehr fünf Erfassungsjahren konnten in den verschiedenen Lebensräumen des Wermsdorfer Waldes insgesamt 16 Fledermausarten nachgewiesen werden, davon 14 mit mindestens einem sicheren Reproduktionsnachweis. Von herausragender Bedeutung für das Gebiet und den Kenntnisstand in Sachsen insgesamt ist der sichere Fortpflanzungsnachweis der Bechsteinfledermaus mit mindestens zwei Wochenstubenkolonien. Die stark waldgebundene Art ist im Freistaat extrem selten.

Von ähnlich großem Wert sind die Nachweise der Nymphenfledermaus. Angesichts des nach wie vor lückenhaften Kenntnisstandes zur Verbreitung haben die beiden in Wermsdorf verorteten Populationen ebenfalls unmittelbar landesweite Bedeutung. Als dritte Flaggschiffart für die Waldfledermäuse ist auch die Mopsfledermaus mit mehreren Wochenstuben in Wermsdorf vertreten. Die bislang lokalisierten Kolonien nutzen arttypische Quartiere hinter loser Borke an Totbäumen aber auch in Fledermauskästen.

 

Mopsfledermaus

Mit Netzfang und Telemetrie konnten neben zweifelsfreien Artnachweisen, Erfassung von Geschlecht, Reproduktionsstatus und Fitness wertgebende Bäume/Baumgruppen und Jagdgebiete für Wochenstuben-Kolonien der Zielarten identifiziert werden. Damit wird die Suchkulisse für gezielte Schutzmaßnahmen als Empfehlung für den Staatsbetrieb Sachsenforst weiter präzisiert.

Über die Nachweise der seltenen Arten hinaus wurde in den letzten Jahren eine sehr gute Grundlage für die langfristig effektive und standardisierte Überwachung der Fledermausvorkommen gelegt.

 

Seit Mitte 2019 zeichnen drei bioakustische Dauerstationen Ultraschallaute der Fledermäuse in unterschiedlichen Habitatsituationen auf. Die Methodik bietet – neben der reinen Artinventarisierung – spannende Einblicke in die sehr variable Phänologie des Fledermausjahrs und ermöglicht es, den Einfluss von Klima, Standortparametern und Bestandsstruktur auf die Aktivität der verschiedenen Arten zu analysieren.

Die drei bioakustischen Dauerfassungsgeräte an den ausgewählten Bäumen.

Zudem erweitern über 100 Fledermauskästen nicht nur das natürliche Quartierangebot, sondern machen gerade die häufig sehr versteckt agierenden Waldfledermäuse für Erfassung und Monitoring sichtbar. So erhalten wir wiederkehrenden Zugriff auf Wochenstubenkolonien vor allem der Mopsfledermaus um Fitness, Reproduktion und Lebensraumtreue mithilfe der Individualmarkierung erforschen zu können.

Ab der Saison 2022 konzentriert sich hochfrequent darauf, das Bild zur Mopsfledermaus weiter zu vervollständigen. Ziel ist eine robuste Einschätzung zur Besiedlungsdichte und zum Gesamtbestand im Wermsdorfer Wald. Das soll neue Perspektiven zur Bewertung des Erhaltungszustandes und der forstlichen Maßnahmen eröffnen, die für Waldumbau und Erhaltung der FFH-Lebensraumtypen erforderlich sind. Im Jahr 2023 waren insgesamt 10 Reproduktionskolonien mit rund 110 adulten Weibchen bekannt. Durch Bestimmung der minimalen Abstände zum jeweils nächstgelegenen Koloniezentrum erhält man einen Kolonieabstand von rund 2 km. Daraus ergeben sich rechnerisch 12 Mopsfledermaus-Wochenstuben für den Wermsdorfer Wald. In den folgenden Jahren streben wir an, das Wochenstuben-Inventar dieser Art zu komplettieren. An einzelnen Individuen soll eine Aktionsraumanalyse sowie Erfassungen zur Quartiertreue durchgeführt werden. Auch rücken die seltenen Arten Bechstein- und Nymphenfledermaus wieder mehr in den Fokus. Es bleibt also weiter spannend!

Das Projekt ist ein ausgezeichnetes Beispiel für die Kooperation verschiedener Akteure wie Sachsenforst und LfULG zur Verbesserung unseres Wissenstandes und der zielgerichteten Schutzbemühungen im Landeswald.