Eiskeller Thallwitz

Sicherung & Optimierung Fledermaus-Winterquartier


UPDATE Februar 2019:

Zweistellige Temperaturen im Februar verleiten beinahe dazu, die Wintersaison für beendet zu erklären. Auch wenn es sicher nochmal kalt wird, kann ein kurzes Zwischenfazit zur Entwicklung der Besiedlung im Eiskeller Thallwitz gezogen werden. Und das fällt sehr positiv aus: Schon während der Übergangsphase zwischen Sommer- und Winterhalbjahr im September 2018 war mit 17 Tieren ein neuer Rekord zu verzeichnen. Insbesondere für die Lokalpopulation des Braunen Langohrs bekommt der Keller zunehmend die Funktion als Paarungs- und Schwärmquartier. Im eigentlichen Winterzeitraum wandern einige Tiere wieder ab. Ausnahme bildet die sehr kältetolerante Mopsfledermaus, die sich erst bei Dauerfrost in unterirdischen Quartieren einfindet. So waren während der einzigen echten Frostphase dieses Winters Ende Januar 4 Tiere dieser seltenen Art zu beobachten. Es wird spannend sein zu sehen, ob und wie sich die Zusammensetzung der Fledermäuse im Keller gegen Ende des Winters nocheinmal verändert.

September 2018 – Eine Gruppe Brauner Langohren in einem Gewölbestein.

Januar 2019 – Mopsfledermaus in einer schmalen Spalte im Mauerwerk

UPDATE Februar 2018:

Nach nur wenigen Wochen Bauzeit (mit Unterbrechnungen) wurde der Eiskeller am 27.10.2017 im Beisein der Eigentümer, Vorhabenträger und der Naturschutzbehörde „eröffnet“. Als Akt der inoffiziellen Weihe erhielt das optimierte Quartier dabei auch die Plakette „Fledermaus komm ins Haus“ der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt. Mit großem Interesse wurden unsere begleitenden Erläuterungen zur Ökologie der fliegenden Säuger und zum besonderen Wert des Projekt aufgenommen. Und das allerwichtigste: Mit insgesamt 8 Braunen Langohren und 1 Breitflügelfledermaus konnten zahlreiche Nutzer in Natura beobachtet werden.

Eröffnung Eiskeller Thallwitz am 27.10.2017

Plakette „Fledermaus komm ins Haus“ der Sächsischen Landesstiftung Natur und Umwelt

 

Seit der Eröffnung läuft die systematische Erfolgskontrolle. Dazu wird der Fledermausbesatz in den kommenden 3 Jahren mit mehreren Kontrollen pro Winterzeitraum überwacht, um Arten, Individuenzahlen und Nutzung von Verstecken/Hangplätzen zu dokumentieren. Wichtiger Bestandteil ist dabei auch die lückenlose Überwachung des Innenraumklimas mit automatischen Datenloggern. So soll sichergestellt werden, dass der Eiskeller auch in strengen Wintern wirklich frostfrei bleibt, und dass sowohl kühlere als auch „wärmere“ Bereiche zur Verfügung stehen.

Mehrere Braune Langohren in einem neu geschaffenen Versteckplätze.

 

Ursprünglicher Beitrag:

Unsere heimischen Fledermäuse überdauern die kalte Jahreszeit in der Winterruhe. Ab etwa Ende November suchen sie möglichst sichere und frostfreie Verstecke auf, senken Puls, Stoffwechsel und Körpertemperatur stark ab und harren so – scheinbar leblos – bis zum Frühling aus.

Neben natürlichen Karst- und Baumhöhlen spielen menschgemachte unterirdische Hohlräume hierbei eine entscheidende Rolle. So zählen sächsische Fledermauskundler allein in den erzgebirgischen Bergwerkstolln jährlich mehrere tausend Tiere. Auch im Harz und im Thüringer Wald sind viele solcher Massenquartiere bekannt. Um aus ihren Sommerlebensräumen in die begehrten Quartiere im Gebirge zu gelangen, nehmen nicht wenige Fledermäuse Wegstrecken von mehreren hundert Kilometern auf sich.

Aber nicht jede Art und auch nicht jedes Tier ist zu solchen jährlichen Wanderungen in der Lage. Im Tiefland übernehmen daher kleinere Keller oder Bunker diese Funktion. Da nahezu jede Siedlung in früherer Zeit Eiskeller oder Bierkeller unterhielt, sind diese ebenso weit verbreitet wie zahlreich. Über die Jahrhunderte haben sich die Fledermauspopulationen an diese künstlichen Höhlen nahe ihrer Sommerlebensräume gewöhnt, und sind als Kulturfolger heute darauf angewiesen. In der Gegenwart betreibt der Mensch aber nur noch sehr selten Lagerhaltung „unter der Erde“. Der Fortbestand dieses Quartiertyps ist daher heute gefährdet. Fehlende Nutzung und/oder unklare Eigentumsverhältnisse führen häufig zum Verfall. Auch werden einige Keller aus Gründen der Verkehrssicherheit verschlossen, oft unwissend ob der wichtigen Habitatfunktion.

Mit dem Eiskeller „An der Waldbühne“ in Thallwitz möchte unser Team einen Beitrag zur Erhaltung eines solchen Objektes leisten. Ortskundige Thallwitzer machten uns 2014 auf den Keller in einem Wald westlich des Dorfes aufmerksam. Er war damals mit schweren Türen gesichert und für die Tiere nicht zugänglich. Auch war den Eigentümer die bauliche Erhaltung nicht mehr möglich. Sie gaben nach kurzer Vorstellung des Projektes aber bereitwillig ihr Einverständnis für die Herrichtung und Sicherung als Fledermausquartier.

Nachdem in einer ersten Aktion 2014 provisorische Einflüge geschaffen wurden, sind nunmehr die Vorbereitungen für die eigentliche Sicherungsmaßnahme abgeschlossen. Mit dankenswerter Unterstützung der Naturschutzbehörde konnten Finanzmittel aus Kompensationsverpflichtungen für den Neubau einer Stromtrasse sowie die Errichtung von Windenergieanlagen im Landkreis Leipzig für das Vorhaben akquiriert werden. Die Planungen sehen die bauliche Sicherung und Neugestaltung des Eingangsportals, die Optimierung des Innenraumklimas und die Schaffung zusätzlicher Versteckmöglichkeiten vor. Nach der Umsetzung im Sommer 2017 übernimmt hochfrequent in den kommenden Wintern das Monitoring von Klima und Besiedlung.

 

Zustand im Frühjahr 2017

Innenraum vor der Müllberäumung

Eiskeller Thallwitz – Innenraum des Fledermausquartiers vor der Maßnahme

Fledermäuse im Winterquartier im Eiskeller Thallwitz

Erste Bewohner nach der Öffnung des Eiskellers – Großes Mausohr (links) und Braunes Langohr (rechts)